https://www.bazonline.ch/zweit…s-90-prozent-989339329790 16.11.2020
Zwischenergebnis von Moderna
Zweiter Corona-Impfstoff wirkt zu mehr als 90 Prozent
Moderna meldet eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent ihrer Impfung. Die Schweiz hat bereits 4,5 Millionen Dosen reserviert. Der Wirkstoff soll im Wallis hergestellt werden.
Isabel Strassheim, Holger Alich
Eine Woche nach Pfizer/Biontech ist das Zwischenergebnis eines zweiten Covid-Impfstoffes bekannt. Moderna hat eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent erzielt, wie es hiess. Die Schweiz hat mit Moderna schon einen Liefervertrag für den Impfstoff abgeschlossen. Der Schweizer Pharmazulieferer Lonza stellt den Wirkstoff dafür her.
Bislang offen sind die drängenden Fragen, wie lange der Impfschutz hält. Und: Ob die Impfung nur für den Selbstschutz dient oder aber ob sie auch die Übertragung des Coronavirus auf Andere verhindert. Wäre dies so, könnte die Pandemie rascher gestoppt werden.
Damit gibt es jetzt bereits zwei vielversprechende Impfstoff-Kandidaten gegen Covid-19. Zuerst hatte das deutsche Biotech-Unternehmen Biontech mit dem US-Partner Pfizer Daten zu seinem Impfstoff vorgelegt. Demnach bietet er einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19. Die Unternehmen wollen noch im November bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung beantragen.
Genau wie der Impfstoff von Pfizer/Biontech ist der von Moderna genbasiert: Er enthält eine Kopie der Erbinformation des Coronavirus (mRNA), mit dem Bauplan von dessen äusseren Virusproteinen. Dadurch produziert der geimpfte Mensch selbst die Oberfläche des Virus, was dazu führt, dass das eigene Immunsystem reagiert und die Abwehr gegen das Coronavirus anspringt. Ein Eingriff in das Erbgut des Menschen ist damit nicht verbunden, denn die mRNA zerfällt rasch.
Die Impfmethode ist neuartig und wird in den laufenden klinischen Studien von Moderna wie auch von Pfizer/Biontech zum ersten Mal am Menschen erprobt.
Schweiz hat 4,5 Millionen Dosen reserviert
Vergangenen Freitag hatte Moderna den Antrag für ein so genanntes rollierendes Zulassungsverfahren bei der Schweizer Zulassungebehörde Swissmedic eingereicht. Bei diesem Verfahren werden die Daten während der laufenden klinischen Tests eingereicht und nicht erst an deren Ende, um den Prozess zu beschleunigen.
Die Schweiz war eines der ersten Länder, dass bei Moderna Impfstoffe bestellt hatte: 4,5 Millionen Dosen sind reserviert.
An dem klinischen Versuch von Moderna nehmen insgesamt 30’000 Menschen teil, die Hälfte von ihnen bekommen statt der Impfung ein Placebo gespritzt, ohne dass sie das wissen. Von den Probanden haben sich bislang insgesamt 95 trotz Schutzmassnahmen mit Maske und Abstand mit dem Coronavirus infiziert. Wie ein unabhängiges Gremium feststellte, waren 5 davon mit der Moderna-Impfung gespritzt worden - und 90 von ihnen mit dem Placebo. Daraus ergibt sich die Wirksamkeit von 90.45 Prozent.
Von den 11 Fällen, die einen schweren Infektionsverlauf hatten, seien alle aus der Placebogruppe gewesen, hiess es weiter. Ersten Daten zufolge bilden ältere Menschen nach der Impfung gleich viele Antikörper wie jüngere.
«Wir haben bislang keinerlei wesentliche Nebenwirkungen beobachtet», sagt Dan Staner, der Schweiz-Chef von Moderna dieser Zeitung.
Die klinische Studie läuft noch weiter. Es sollen Daten über mögliche Nebenwirkungen nach zwei Monaten vorliegen sowie insgesamt 151 Covid-Ansteckungen erfolgt sein bis Moderna einen Antrag auf Notfallzulassung in den USA stellen will. «Das dürfte Ende November sein», sagt Staner. Auch der Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic will Moderna dann die Daten einreichen.
«Es ist unmöglich für uns, die Impfung ohne Gewinn abzugeben», sagt Dan Staner, der Schweiz-Chef von Moderna dieser Zeitung. Moderna will pro Dosis 32 bis 37 Dollar verlangen. Bei Pfizer/Biontech sind es 20 Dollar. Anders als der US-Konzern Pfizer habe Moderna kein einziges Medikament auf dem Markt und sei deswegen auf Gewinne angewiesen. Das US-Startup hat für die Impfstoff-Entwicklung allerdings wie Biontech staatliche Fördergelder erhalten.
Die erste Auslieferung der Impfung in die Schweiz dürfte im ersten Halbjahr 2021 erfolgen. Der Wirkstoff wird von Modernas Partner Lonza aus Visp kommen. Dort soll noch dieses Jahr mit der Produktion begonnen werden. In seinem US-Werk hat Lonza schon im September mit der Herstellung begonnen. Der dort hergestellte Wirkstoff ist nur für die USA gedacht.
Mit dem internationalen Impfverbund Covax, bei dem die Weltgesundheitsbehörde WHO dabei ist, verhandelt Moderna noch über einen Liefervertrag. Damit sollen auch ärmere Länder Zugang zu einem geprüften Impfstoff erhalten. Auch für Covax soll der Wirkstoff von der Produktion in Visp kommen.
Die Schweiz hat sich auch 5,3 Millionen Dosen am Impfstoff des britischen Pharmakonzerns Astra-Zeneca gesichert, bei dessen Studie noch keine Ergebnisse vorliegen. Mit Biontech und Pfizer laufen noch die Verhandlungen.
Geht alles glatt, hofft das Bundesamt für Gesundheit (BAG), schon im ersten Halbjahr 2021 mit den Impfungen beginnen zu können.